Ironman European Open Championchip oder Von Lerchenbühl nach Hawaii
Der „längste Tag des Jahres“, so wird das Ereignis vom Veranstalter betitelt, beginnt für die Triathleten morgens um 6:30 am Ufer des Langener Waldsees südlich von Frankfurt. Die Temperaturen von Wasser und Luft liegen zu diesem Zeitpunkt schon jenseits der 20°C, sie sollten im Laufe des Tages auf über 30°C steigen. Noch spiegelt sich die aufgehende Sonne auf der glatten Wasseroberfläche. Als jedoch der Startschuss fällt und sich die Athleten ins Wasser stürzen, ist es mit der Ruhe augenblicklich vorbei. Rund 3.000 Sportler aus aller Welt begeben sich auf die 3,8 km lange Schwimmstrecke und bringen den See zum Brodeln. Dies ist aber erst die Ouvertüre eines Tages, an dem jeder Teilnehmer an sein körperliches und mentales Limit gehen muss. Bis zum Zielschluss am Frankfurter Römerberg bleiben den Gestarteten maximal 15 Stunden Zeit.
Mit Markus Lutz war auch ein Rieser Triathlet vom TSV Oettingen beim wichtigsten europäischen Rennen dabei. Dessen Start war aber bis wenige Tage vor dem Wettkampf fraglich, da er sich bei einem Radunfall drei Wochen vorher eine Handverletzung zugezogen hatte. Allerdings wollte er sich die Chance auf eine mögliche Qualifikation für den Ironman Hawaii nicht entgehen lassen, schließlich hatte er ein Jahr in die Vorbereitung investiert. Letztlich konnte er die Verletzung soweit stabilisieren, dass einer Teilnahme nichts mehr im Wege stand.
Trotz der behindernden Umstände kam er nach 1:09 Stunden aus dem Wasser und war damit sehr zufrieden. Nun galt es aber, auf den bevorstehenden 180 km mit dem Rad die Aufholjagd zu starten, schließlich lag noch etwa ein Drittel der Mitstreiter vor Markus Lutz. Schon auf den ersten Kilometern nach Frankfurt hinein merkte er, dass die Radform an diesem Tage stimmte. So konnte er auf den zwei Runden durch die hügelige Wetterau nördlich der Stadt einen nach dem anderen Athleten einsammeln. Allerdings führte die Strecke zum Teil über Straßen, wie sie die alten Römer kaum schlechter hätten bauen können. Die Gefahr einer Panne war immer vorhanden und die hätte für Lutz auch das Aus bedeutet: Da er mit der verletzten Hand keinen Reifenwechsel vornehmen könnte, hatte er auch gleich auf die Mitnahme von Ersatzmaterial verzichtet. Aber er hatte Glück und überstand (im Gegensatz zu einigen Konkurrenten) auch eine Passage mit grobem Kopfsteinpflaster ohne Schäden am Rad und konnte nach 4:55 Stunden seine Zeitfahrmaschine in die Wechselzone schieben. Mit einem Stundenmittel von etwa 36 km/h bewegte er sich genau im vorausberechneten Zeitrahmen.
Der folgende Marathonlauf über 42,2 km am Main entlang, aufgeteilt auf vier Runden, musste nun die Entscheidungen bringen. Über Sieg oder Niederlage bei den Profis, über Ankommen oder Scheitern bei den Amateuren oder eben über die Hawaii-Qualifikation der ambitionierten Leistungssportler. Einen Vorgeschmack auf Hawaii gab schon mal das Wetter. Neben der Temperatur sorgte nun auch die extrem hohe Luftfeuchtigkeit für tropische Verhältnisse. Erfahrungsgemäß kommt Markus Lutz mit solchen Bedingungen ganz gut zurecht, und so konnte er die noch fehlenden Positionen für das Ticket nach Kailua Kona gutmachen. Mit einer Marathonzeit von 3:19 Stunden, der zweitbesten seiner Klasse, und einer Endzeit von 9:32:31 Stunden, erreichte er den 7. Platz in der AK M50 und damit die Berechtigung, am 14. Oktober Teil des legendären Rennes auf Hawaii zu sein. Auf der Insel im Pazifik, auf der Ende der siebziger Jahre der Ironman „erfunden“ wurde und wo seitdem jedes Jahr die Weltmeister gekürt werden.
Bei den Profis bestätigte der neben seinem Dauerrivalen Jan Frodeno weltbeste Triathlet auf der Langstrecke, Sebastian Kienle, seine überragende Form und gewann am Ende in 7:41:42 Stunden, der viertschnellsten je erreichten Zeit, seinen dritten Europameistertitel. Die schnellste Frau kam mit Sarah Crowley aus Australien, auch sie zählt nach 8:47:58 nun zu den Anwärterinnen auf den Hawaii-Sieg im Oktober.