Ein Tag und Zahlen für die Geschichte – 25. Juni - 3,8 – 180 – 42.2
Bericht von Markus Lutz

Challenge Roth

Die Challenge – da denken inzwischen nicht nur die Triathlon-affinen Menschen an die fränkische Kleinstadt Roth und deren Umgebung. Nachdem in den frühen 80er Jahren dort der europäische Triathlon Fuß gefasst hatte, entwickelte sich die Region zur Hochburg unseres Sports. Und immer wieder war man der Meinung, es wäre der sportliche und begeisterungsfähige Gipfel erreicht. Zum Beispiel die Weltbestzeiten – von Lothar Leder und Yvonne van Vlerken über Michael Raelert und Chrissie Wellington bis zu Jan Frodeno – immer glaubte man an Rekorde für die Ewigkeit. Daneben wurde die Zahl der Teilnehmer und der Zuschauer im Laufe der Jahre immer mehr.

Und dann kam ein Tag im Juni 2023 und alles bisher Gesehene wurde förmlich pulverisiert.

 

Weltbestzeiten durch Ditlev und Ryf

Magnus Ditlev fuhr, nachdem er offensichtlich über Nacht das Schwimmen gelernt hatte und an den Füßen von Superschwimmer Sam Laidlow aus dem Main-Donau-Kanal stieg, einfach mal die mit 1400 Höhenmetern gespickte Radstrecke in unter 4 Stunden. Ein Laidlow tat es ihm gleich. Das ist das Niveau von Radprofis und bisher für Triathleten sehr schwer vorstellbar. Nur begeben die angesprochenen Radprofis sich danach auf die Massagebank und füllen mit hochwertigem Essen ihre Speicher wieder auf, während die Triathleten noch kurzerhand einen Marathon laufen. Diesen bewältigte ein gewisser Patrick Lange in 2:30 Stunden, übrigens bei schlappen 28 Grad ohne Schatten. Wahrscheinlich gibt es nicht viele Menschen, die bei solchen Temperaturen diese Zeiten laufen können – ohne davor stundenlang schwimmend und radelnd durchs Frankenland zu rasen.

Letztendlich endete der geschichtsträchtige Tag mit dem Sieg von Magnus Ditlev in 7 Stunden und 24 Minuten, was eine Steigerung der Weltbestzeit um sage und schreibe 11 Minuten bedeutete. Dem wollte die Schweizerin Daniela Ryf, ihres Zeichens 4-fache Hawaii-Siegerin, nicht nachstehen, auch sie verbesserte die Bestzeit von Chrissie Wellington um 10 Minuten auf 8:08 Stunden. Parallelität der Ereignisse: auch sie, bisher nicht als überragende Schwimmerin bekannt, stieg mit den Besten aus dem Wasser um danach in bisher nicht gesehenen 4:22 Stunden über die Radstrecke zu fliegen. Das ist in etwa die Zeit, die vor einigen Jahren noch die männlichen Radraketen Zäck, Hellriegel oder Stadler benötigten.

Teil des Spektakels waren unter anderem zwei für den TSV Oettingen startende Athleten, die vielleicht irgendwann ihren Enkeln erzählen können:

Ich war dabei als Geschichte geschrieben wurde!

Robert Schebesta´s Road to Roth begann im Juli 2022 mit der Anmeldung. Diese ist manchmal schwerer zu bewerkstelligen als der Wettkampf selbst. Nur diejenigen mit den flinksten Fingern auf der Tastatur sind in den wenigen Sekunden bis zum Sold-Out erfolgreich. Aber unser Robert gehört halt auch in dieser Kategorie zu den Schnellsten. Im Oktober startete dann das Training für den langen Tag im Juni. Jeder, der etwas Ähnliches schon mal in Angriff genommen hat weiß, welcher Aufwand dahintersteckt. Der Alltag mit Familie muss mit bis zu 20 Stunden Training pro Woche kombiniert werden. Und vier mehr oder weniger große Mädels zuhause zufriedenzustellen ist keine leichte Aufgabe. Daneben muss dann noch die eine oder andere Stunde zum Broterwerb aufgewendet werden, der Triathlonsport steht nun mal im Verdacht, nicht ganz kostengünstig zu sein.

 

Raceday! 1:09 – 5:12 – 3:45 – 10:11:58

Los ging es also um 7:00 Uhr im mit 22°C wohltemperierten Kanal, das Tragen des Neoanzugs war damit erlaubt. Dieser und das gute Training von Robert führten zu einer Schwimmzeit von 1:09 Stunden. Damit konnte er seine Erwartungen schon mal übertreffen, handelt es sich beim Schwimmen doch nicht gerade um eine seiner beiden stärksten Disziplinen. Allerdings wurde seine Euphorie sofort wieder durch einen Materialfehler und einen (übereifrigen?) Kampfrichter gebremst. Da nämlich der Reißverschluss seines Einteilers kaputt ging wollte man ihn nicht auf die Radstrecke lassen. Sexuelle Belästigungen der Fans durch freie Athleten-Oberkörper wollte man offensichtlich vermeiden. Also was tun? Kurz nach der Wechselzone beim Bike-Service band man Robert einen Latexschlauch um den Bauch, zusätzlich bekam er noch eine Sicherheitsnadel verpasst. Das sollte nach Meinung des Wettkampfgerichts seine Blößen bedecken. Nun ja, ob das wohl erfolgreich war?  Die vier Minuten, die das dauerte, stehen nun jedenfalls als Malus in seinem Bike-Ergebnis.

Das Radfahren lief dann in etwa wie erwartet, Robert konnte den geplanten Druck auf die Pedale ausüben, die Ernährung stimmte. Allerdings behinderte ihn der umgebundene Schlauch doch mehr als ihm lieb war. Die Temperaturen stiegen und auf der zweiten Radrunde kam auch etwas Wind aus Süd-Ost auf. Wind ist für Radfahrer immer der Feind Nummer eins, allerdings war dessen Richtung nicht die schlechteste aller Möglichkeiten. Spotter am Kränzleinsberg konnten bei km 150 auch schon die Anstrengungen in Roberts Gesicht ablesen, so ganz leicht und locker fuhr es sich zu diesem Zeitpunkt nicht mehr. Und dann war es auch geschafft, die Helfer in T2 nahmen ihm das Rad ab und reichten ihm im Gegenzug den Beutel mit den sehnlichst erwarteten Laufutensilien. Radzeit: 5:08 Stunden inklusive Outfit-Veränderung, alles gut und im grünen Bereich.

Die Wechselperformance in T2 war mit unter zwei Minuten deutlich besser und erfolgreicher als in der um die Radwerkstatt erweiterte T1. Und das obwohl er sich zusätzlich zu allen anderen Teilnehmern noch eines Fahrradschlauches entledigen musste. Die Trainingsleistungen beim Laufen stimmten Robert optimistisch, mit ca. 4:50 Minuten/km in einer Marathonzeit von knapp unter 3:30 Stunden ins Ziel laufen zu können. Es fing auch sehr gut an, Robert musste sich eher bremsen als pushen. Der Halbmarathon ging mit 1:45 weg, somit noch genau im Plan, auch wenn die Beine schon spürbar müde wurden. Der vielleicht eine Spur zu intensive Radpart hinterließ dann bei km 35 seine deutlichsten Spuren, als das Lauftempo kurzzeitig stark abfiel, um sich auf den letzten Kilometern wieder bei gut 5min/km einzupendeln. Der Einlauf ins Stadion nach 10:58:00 Stunden mit seiner Tochter Frieda entschädigte für alle Mühen des Tages und der Vorbereitungszeit. Robert war mit seiner Gesamtleistung sehr zufrieden, darüber hinaus war es für ihn beim zweiten Start in Roth wieder ein tolles Gesamterlebnis.

Robert Schebesta´s Zeit: 10:11:58 Stunden, 646. Gesamt, 73. in der AK 45

 

Die Staffel in gut 10,5 Stunden gefinisht

Jürgen Gehring war in früheren Jahren schon als Staffelradler in Roth unterwegs, und zwar als einer der schnelleren Sorte. Was auf dem Rad klappt, so sagte er sich, sollte auch schwimmend und laufend funktionieren. Somit ergab sich eine eher ungewöhnliche Staffel mit zwei Mann, die sich den Namen JRJ verlieh. Jürgen ließ sich im Vorfeld des großen Tages immer öfter beim gemeinsamen Schwimmtraining blicken und glaubte am Ende entsprechend vorbereitet für 1:20 Stunden zu sein. Die erreichte er auch fast, nach 1:24 Stunden durfte er die horizontale Bauchlage verlassen und sich im Brotzeit-Zelt schon mal für den Marathonlauf stärken. In der Zwischenzeit genoss sein Kumpel Roland Bergdolt die Zuschauerspaliere entlang der Radstrecke, um nach gut fünfeinhalb Stunden den virtuellen Staffelstab an Jürgen Gehring zurückzugeben. Dieser kündigte die Tage vorher ebenso an, den Marathon in 3:30 laufen zu wollen. Und da Triathleten – auch Staffelathleten – sich bekanntlich sehr gut kennen und einschätzen können, gelang ihm mit 3:30:30 Stunden eine Punktlandung.

Staffel JRJ: 10:32:54 Stunden

 

 

 

 

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